Delicado, A. (2009)

Scientific controversies in museums: notes from a semi-peripheral country

EINE ZUSAMMENFASSUNG

Ana Delicado beschreibt die Darstellung von naturwissenschaftlichen Kontroversen in Museen in Portugal. Sie stellt fest, dass portugiesische Ausstellungen mit kontroversen naturwissenschaftlichen Inhalten die Naturwissenschaften dennoch als objektiv, konfliktfrei und nutzbringend präsentieren. Dabei wird das Publikum als irrational abgetan und müsse aufgeklärt werden. 

In ihrer Theorie (2. Scientific controversies in museum exhibitions) umschreibt Delicado zunächst Eigenschaften von naturwissenschaftliche Kontroversen und erklärt dann, warum Museen solche Themen normalerweise vermeiden. Als mögliche Gründe für das Vermeiden von Kontroversen in Museen werden hier einerseits der Einfluss von Sponsoren genannt und andererseits die Befürchtung, dass durch die Präsentation kontroverser Themen die Annahme zum Schwanken gebracht wird, die Vermittlung von Wissenschaft betreffe lediglich das Übermitteln wissenschaftlicher Fakten. Zudem ist es schwierig eine solche Ausstellung zu gestalten, da sich kontroverse Themen schnell ändern und es vor der Eröffnung schon neue Erkenntnisse oder sogar eine Auflösung der Kontroverse geben kann. 

Im dritten Teil ihres Papers (3. A particular national context: science museums in Portugal) beschreibt Delicado die portugiesische naturwissenschaftliche Museumslandschaft und die zugrunde liegenden politischen und sozialen Strukturen. Die Kombination aus politischer Strategie und Besucherkultur führt laut Delicado dazu, dass in Portugal das „deficit model“ der naturwissenschaftlichen Kommunikation immer noch vorherrscht. Dabei wird das Publikum als passiver Empfänger von Information gesehen. Kontroverse Themen werden vermieden und das Wissen des Publikums wird nicht berücksichtigt. Ihre Analyse von Sonderausstellungen in Portugal zeigte nur sehr wenige Ausstellungen mit umstrittenen und (potentiell) kontroverse Themen.

Im vierten Teil ihres Papers (4. „Genes and Food“) beschreibt Delicado eine Ausstellung zum Thema ‚Gene und Ernährung‘. Sie legt dar, wie die Kernbotschaft – dass der Einsatz von genetisch modifizierten Organismen in Nahrung harmlos ist – auf unterschiedliche Weisen vermittelt wird und eine einseitige Sichtweise präsentiert wird. Risiken von GMOs, Disputen zwischen Wissenschaftler*innen, Konflikte zwischen großen, multinationale Unternehmen und Bauer*innen, Umweltschützer*innen und Konsument*innen, sowie der Einfluss der Politik, fehlen in der Ausstellung. Diese einseitige Präsentation führt Delicado in ihrem Fazit zurück auf den Sponsor der Ausstellung – eine Lebensmittelfirma. Bedenklich dabei findet sie die Entscheidung des Museums die Ausstellung unkritisch und einseitig auszurichten.

In Ihrem Fazit (5. Final remarks) betont Delicado nochmals, dass der Stand der Naturwissenschaftlichen Museen in Portugal über das Festhalten am „deficit model” erklärt werden kann, sowohl in der portugiesischen PUS-Politik (PUS = Public Understanding of Science) als auch bei den Museumsmitarbeitern*innen. Hier gibt es laut Delicado in der portugiesischen Gesellschaft Verbesserungspotenzial. Museen können und sollten hier eine zentrale Rolle spielen, indem sie kontroverse naturwissenschaftliche Themen aufgreifen, sie ausgewogen (multiperspektivisch) präsentieren und die Besucher*innen aktiv einbeziehen.