energie.wenden

Die Wanderausstellung energie.wenden fand vom 04.02.2017 bis zum 04.11.2018. im Deutschen Museum in München statt und thematisierte Herausforderungen und Handlungsoptionen bei der Energiewende sowie technische und historische Hintergründe dazu.

Die Kurator*innen wollten eine Ausstellung konzipieren, die die Besucher*innen dazu aktivierte und animierte, sich mit dem Thema Energiewende intensiv auseinanderzusetzen – in der Ausstellung und auch nach dem Besuch. Zielgruppe der Ausstellung waren Jugendliche und junge Erwachsene, die als besonders wichtig für die weitere Gestaltung der Energiewende angesehen wurden. 

Die Ausstellung verknüpfte wissenschaftliche Fakten mit sozialen und gesellschaftspolitischen Kontexten und der Einbindung der Besucher*innen. So wurden sie eingeladen, an zahlreichen interaktiven und partizipativen Stationen mitzumachen und dabei vor allem ein Rollenspiel mitzuspielen, das sie zum Treffen von Entscheidungen im Kontext der kontrovers diskutierten Thematik Energiewende anregen sollte.  

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AUFBAU

Drei Teilbereiche bildeten die Ausstellung: ein Prolog, ein großer Hauptteil mit dem interaktiven Spiel und den 10 Themenräumen sowie ein Epilog. Im Prolog veranschaulichten Objekte und ein Zeitstrahl mit Illustrationen grundlegende Fakten über Energie und die technischen und historischen Veränderungen im Laufe der Zeit seit der Industrialisierung. Am Anfang des Hauptteils begann das Rollenspiel, bei dem die Besucher*innen als „Politiker*innen“ das (gelbe) „politische Parkett“ betraten und sich mit (virtuellen) Lobbyist*innen auseinandersetzen konnten, die kontroverse Standpunkte vertraten. In zehn thematischen Räumen, die inhaltlich jeweils zu den davor stehenden Lobbyist*innen passten, wurden die Themen „fossile Energieträger“, „Kernenergie“, „nachwachsende Rohstoffe“, „Wasser und Erdwärme“, „Sonnen- und Windenergie“, „Netze“ und „Speicher“, „Mobilität“, „Bauen und Wohnen“ sowie „Produktion und Konsum“ in klassischer Weise über Objekte, Demonstrationen, Texte, Bilder und Grafiken dargestellt. Den Kurator*innen war es wichtig, dass die Themeninseln unabhängig vom politischen Parkett genutzt werden konnten, man sich aber gleichzeitig informieren konnte, um dann als „Politiker*in“ eine sachlich profundere Entscheidung in diesem kontroversen Kontext zu treffen.   Außerdem enthielten die Themeninseln wiederkehrende Elemente wie Weltkarten, Länderportraits und einen „Knackpunkt“ – ein interaktives oder partizipatives Element, das für jedes Thema das größte Problem bei der Energiewende verdeutlichte. 

Der Epilog am Ende der Ausstellung schloss inhaltlich und räumlich den Kreis zum Anfang: hier gab es Grafiken und eine künstlerische Umsetzung zur Energieversorgung der Zukunft sowie die Auswertung des Rollenspiels.

Partizipative Elemente in der Ausstellung energie.wenden 

In der Ausstellung wurden verschiedene partizipative Elemente verwendet: zum einen das zentrale Rollenspiel (einschließlich der Auswertung) und zum anderen einige der „Knackpunkte“ in den Themeninseln. Im Rollenspiel sollten die Besucher*innen in die Rolle von Politiker*innen schlüpfen und auf Lobbyist*innen, die sie unvermittelt ansprachen (die Videos gingen über Bewegungssensoren an), reagieren.

An den Entscheidungsstationen konnten sie mithilfe einer Spielkarte, die sie beim Eintritt in die „politische Arena“ erhielten, eine von drei Handlungsmöglichkeiten auswählen. Potenzielle Wähler*innen versuchten an den Entscheidungsstationen mit persönlichen Einwänden Einfluss zu nehmen, bevor die „Politiker*innen“ ihre Entscheidung durch das Ziehen eines Hebels bestätigten.

Dadurch prägte sich ein Loch in die Spielkarte, was am Ende an der Auswertungsstation im Epilog zur individuellen Einordnung in einen von sechs Energiewende-Typen führte. Das Rollenspiel konnte alleine oder in Gruppen gespielt werden.  

Eine weitere, allgemeinere Auswertung des Rollenspiels erfolgte – ebenfalls partizipativ – über eine Grafik, die alle abgegebenen Entscheidungen darstellte und sich dementsprechend mit den Antworten der Besucher*innen stetig veränderte. Die Grafik dominierte den Raum und fungierte als Grundlage für Diskussionen innerhalb der Ausstellung.

Die Ergebnisse des Rollenspiels wurden teilweise schon im Science Museum Group Journal veröffentlicht. Um die Partizipation im engeren Sinne abzuschließen, ist darüber hinaus die wissenschaftliche Publikation des erhobenen Meinungsbildes (mit allen seinen Einschränkungen einer Ausstellung und eines Spiels) oder die Präsentation desselben vor Ministerien oder einzelnen Politikern geplant. 

Die partizipativen „Knackpunktebestanden beispielweise daraus, eine „Mobliltätswolke“ mitzugestalten: Hier wurden die Besucher*innen vorab gebeten, dem Museum über Social Media Fotos zu senden, auf denen sie darstellen, was für sie Mobil seinbedeutet – auf realer oder emotionaler Ebene diese Bilder wurden dann in einer Installation in die Ausstellung integriert. Für den „Knackpunkt“ im Bereich „Produktion und Konsum“ forderten die Kurator*innen die Besucher*innen auf, einen von zu Hause mitgebrachten, möglichst „unsinnigen“ Gegenstand abzugeben, der ebenfalls Teil der Ausstellung werden sollte. Dieser sollte jede Menge „graue Energie“ enthalten und absolut sinnfrei sein, aber doch warm ums Herz machen. Leider wurde dieses Angebot nur von wenigen Besucher*innen angenommen. Vielleicht muss man sich in einem Museum, in dem drei Viertel der Besucher*innen von weiter weg stammen, ein etwas anderes Konzept für solche partizipativen Elemente überlegen – an mangelndem Material kann es ja nicht gelegen haben, denn haben wir nicht alle Gegenstände der Kategorie „jodelnder, rosa Flamingo“ in unseren Schränken versteckt? 

Vielen Dank an die Kuratorinnen Sabine Gerber und Sarah Kellberg für die Informationen und Rücksprache zu diesem Praxisbeispiel und an das gesamte Ausstellungsteam für die tolle Ausstellung.