Kontroversen präsentieren

Ziele bei der Präsentation kontroverser Themen

Bei der Präsentation kontroverser naturwissenschaftlicher Themen in Ausstellungen gibt es unterschiedliche (Wirkungs-)Ziele: Neben dem ‚Informieren‘ und dem ‚Erfahren‘, auch das Anregen zum (kritischen) Denken, zur Einstellungsformung oder -veränderung sowie – in manchen Fällen – zusätzlich das persönliche oder gesellschaftliche ‚Agieren‘ (Pedretti & Navas Ianinni, 2020). Um diese Ziele zu erreichen, sind vor der Präsentation kontroverser Themen in Ausstellungen mehrere Fragen zu beantworten. Wie positionieren wir uns? Welche Quellen werden verwendet und dargestellt? Wessen Meinungen zur Kontroversen werden erläutert und wie?

Positionierung zum Thema

Eine zentrale Frage ist die Positionierung zum Thema. Soll das Thema möglichst neutral präsentiert oder soll Stellung bezogen werden? Ob Stellung bezogen werden kann, hängt unter anderem von der internen ‚Museumskultur‘ bzw. der institutionellen Positionierung und vom Einfluss potentieller externer Geldgeber ab. Wenn eine Ausstellung ‚neutral‘ sein soll, stellt sich die Frage, wann sie als neutral gilt (Mazda, 2004). Soll die Präsentation neutral sein oder die Wirkung? Im ersten Fall müssten die verschiedenen Perspektiven und Meinungen zum kontroversen Thema ‚ausgewogen‘ dargeboten werden. Im zweiten Fall würde eine Ausstellung als neutral gelten, wenn die Besuchenden mit einer ausgewogenen Meinung die Ausstellung verlassen, oder wenn z.B. genauso viele Besuchende mit der einen als auch mit der anderen Perspektive die Ausstellung verlassen (Mazda, 2004). Die Wirkung einer Ausstellung hängt allerdings von den persönlichen Hintergründen der Besuchenden ab und von der Frage, womit sich die Besuchenden in der Ausstellung beschäftigen ab, und ist daher insgesamt sehr schwer zu steuern (siehe auch Besucher*innen und kontroverse Themen’). 

Gestaltungselemente kontroverser Themen in Ausstellungen

Ob, wann und wie intensiv sich Besuchende mit den Ausstellungsinhalten beschäftigen, kann nur teilweise beeinflusst werden. Neben dem Wecken von Neugier und dem Erregen von Aufmerksamkeit durch z.B. Farbe, Licht und Geräusche (siehe auch Aufmerksamkeit, Provokation und Schock), spielt bei der Präsentation kontroverser Themen vor allem die räumliche Anordnung der Inhalte eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung der Thematik. Die Positionierung von Ausstellungsobjekten oder Erklärungstexten kann z.B. beeinflussen, ob unterschiedliche Perspektiven zum Thema parallel oder zeitlich versetzt wahrgenommen/gelesen und wie unmittelbar sie miteinander in Verbindung gebracht werden (Grüninger, Specht, Lewalter, & Schnotz, 2013).

Personalisierung der Ausstellungsinhalte

Dazu kommt die Frage, wie unterschiedliche Perspektiven zu einem kontroversen Thema dargestellt werden. Oft werden die Perspektiven in der Ausstellung mit (fiktiven) Personen verbunden. Bei einer solchen Personalisierung der Inhalte spielt es eine große Rolle, wie diese Person von den Besuchenden wahrgenommen und eingeschätzt wird. Wirkt die Person sachkundig? Glaubwürdig? Zuverlässig? Sympathisch? Wenn Besuchende sich für ihre Meinungsbildung oder Entscheidungsfindung mit verschiedenen Informationsquellen konfrontiert sehen, geht es in erster Linie darum, wem sie Expertise zu dem Sachverhalt zuschreiben und wem sie vertrauen können (Bromme & Kienhues, 2014). (Auch hier spielt der persönliche Hintergrund der Besuchenden eine Rolle, siehe dazu Besucher*innen und kontroverse Themen).

Berücksichtigung des sozialen, kulturellen und zeitlichen Kontexts

Zudem sollte bei der Präsentation von Kontroversen in Ausstellung beachtet werden, dass Kontroversen (im Gegensatz zu traditionellen Ausstellungsthemen wie Naturgesetze und –phänomene) vom sozialen bzw. kulturellen Kontext sowie von zeitlichen Faktoren abhängig sind (Pedretti & Navas Ianinni, 2020). Was bei bestimmten Bevölkerungsgruppen als Kontroverse gilt, muss nicht von anderen Gruppen als solche wahrgenommen werden. Und was früher als Kontroverse galt, ist oft später nicht mehr kontrovers. Wenn diese Umstände von Anfang an berücksichtigt werden, kann möglicherweise verhindert werden, dass die Ausstellung vor dem geplanten Ende für die Öffentlichkeit nicht mehr relevant ist. Auch sollte im Voraus eingeschätzt werden, ob die Ausstellung bei Besuchenden unterschiedlicher Herkunft oder in einem anderen kulturellen Umfeld (bei Wanderausstellungen) eine andere Wirkung haben kann.

Literatur zum Thema Kontroverse präsentieren

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